Ev. Dekanat an der Dill

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Ein neues Dach für die Stadtkirche

Es geht voran in der Stadtkirche: Kurz vor Ostern 2021 starteten die Sanierungsarbeiten, jetzt ist die Südseite des Daches schon fertig. Die Schieferarbeiten sind erfolgt und auch das Außengerüst ist verschwunden. Vielleicht kann die Stadtkirche bereits zum Erntedankfest wieder offen sein.

Eindringende Nässe wurde für das Tragwerk oberhalb des Kirchenschiffs zu einer großen Gefahr, denn das Kirchendach wird von einem Holzfachwerk getragen. Sollte das Holz nass und morsch werden, gefährdet es die gesamte Stabilität.

Grund für die Evangelische Kirchengemeinde Herborn die Dacharbeiten in Angriff zu nehmen. Das Dachtragwerk musste komplett saniert werden. 

Die Dachsanierung der Herborner Stadtkirche kostet voraussichtlich 1.300.000 Euro, die Evangelische Kirchengemeinde Herborn muss davon 275.000 Euro selbst finanzieren. „Das entspricht ziemlich genau den gesamten Rücklagen der Gemeinde, die für eine solche Maßnahme freigestellt werden können“, sagt Andree Best, „um das bezahlen zu können, haben wir im Kirchenvorstand beschlossen, das leerstehende Martin-Niemöller-Haus in der Alsbach zu verkaufen“.

Ohne den Verkauf wäre die Kirchengemeinde nicht in der Lage, die erforderlichen Eigenmittel zur Dachsanierung der Stadtkirche aufzubringen. „Auch die von uns erhoffte Innensanierung der Kirche und des Chorraumes verschiebt sich durch die Größe und Dringlichkeit der nun angegangenen Dachsanierung auf unbestimmte Zeit“.

Morsche Balken ausgetauscht

Einen Tipp hat Architektin Stefanie Muskau vom Architekturbüro Seidel & Muskau, das mit der Sanierung beauftragt ist: „Ist das Gerüst abgebaut, müssen Sie einmal einen Blick auf die Kehlenausführung der kleinen Dachgaube werfen.“ Grund: Die Schieferdeckung ist als altdeutsche Deckung ausgeführt, und die ist richtige Handwerkskunst. Alle Schieferplatten müssen vor Ort für den entsprechenden Einbaubereich zugeschlagen werden. An den Dachgauben ist diese Arbeit besonders gut zu erkennen.

Bevor das Dach der Südseite gedeckt wurde, waren die Schäden an der historischen Holzkonstruktion am Fuß des Daches behoben worden. „Die Holzschäden erwiesen sich als etwas geringer als ursprünglich angenommen“, erklärt Muskau. Dennoch seien einige Deckenbalken stark geschädigt und die Mauerlatten, die das Dachgewicht auf das Mauerwerk ablasten, teilweise zerstört gewesen.

Soweit möglich wurde Schadhaftes instandgesetzt. Wo das nicht möglich war, wurde ausgetauscht, beispielsweise einige Längsbalken. Zum Einsatz kamen dabei „historische“ Balken aus anderen alten Bauwerken. Die Zweitverwendung ist sinnvoll, da die Balken das gleiche bauphysikalische Verhalten wie die bereits vorhanden Holzbauteile im Dachstuhl aufweisen. Auch Arbeiten an der Deckenkonstruktion waren nötig.

Aktuell Arbeiten an der Nordseite

Parallel zum Decken des Süd-Daches, starteten im Spätsommer die Arbeiten an der Nordseite. „Diese Gebäudeseite ist schwieriger zu bearbeiten, da die Zufahrtsmöglichkeiten sehr eingeschränkt sind und die Dachfläche durch das Zwerchhaus, das die Höhe für den Konfirmandenraum bildet, durchtrennt ist“, sagt die Architektin. Und noch etwas kommt hinzu: Es gibt dort deutlich größere Schäden an der Holzkonstruktion. Im Bereich des Zwerchhauses war über lange Zeit Regenwasser eingedrungen, die Eichenbalken an einigen Stellen komplett morsch.

Betroffen davon: die aufgehende Dach- und Fachwerkkonstruktion und insbesondere die Querunterzüge. Vier der sechs Unterzüge seien so stark geschädigt, dass sie die Lasten nicht mehr sicher abtragen konnten, sagt Stefanie Muskau.

„Ein richtiges Meisterwerk“

Das hatte den für Zuschauer sicherlich spektakulärsten Schritt der Sanierung zur Folge. Ein Querunterzug war so stark zerstört, dass man ihn komplett austauschen musste.

Kein einfaches Unterfangen, der Balken wiegt gut 1,2 Tonnen. Um ihn zu entfernen, wurden zunächst die Fachwerkkonstruktion im Dachstuhl und der Deckenbalken, deren Last der Balken trägt, mit einer Spezial-Konstruktion abgestützt. Im Anschluss konnte der schadhafte Balken rausgeschnitten werden.

Beeindruckend dann das Einpassen des „neuen“ Querunterzugs. Mit einem Kran wurde der tonnenschwere Balken in die Luft gehoben, schwebte kurzzeitig auf der Höhe des Kirchendachs. Danach fädelten ihn die Zimmerleute langsam in die Stützkonstruktion ein. „Das war eine echte Kraftanstrengung und ein richtiges Meisterwerk, dies so auszuführen“, lobt Muskau die Arbeit. Nun geht es mit der Instandsetzung der übrigen Querunterzüge weiter.

Spezialkonstruktion notwendig

Auf der Agenda steht aber noch mehr: Auch die Längsbalken auf der Nordseite weisen Schäden auf – was den Architekten „ein wenig Kopfzerbrechen“ bereitet hatte, so Muskau. Als Besucher der Kirche nimmt man diese Balken als einheitliche Bauteile wahr, da sie verputzt sind. Tatsächlich besteht jeder Längsunterzug aber aus mehreren Teilen: zwei nebeneinanderliegenden Eichenbalken (40x40 cm) und kleinere, darüberliegende Balken (20x20 cm). Einer von ihnen ist so stark geschädigt, dass nur noch eine Breite von circa 8 Zentimetern vorhanden ist.

„Für die Instandsetzung hat unser Statiker eine Konstruktion entwickelt, bei der der vorhandene Holzbalken mit Stahlstäben unterspannt wird, um wieder tragfähig zu sein“, erklärt Stefanie Muskau, was geplant ist. Sind die Zimmerarbeiten fertig, gehen auch an der Nordseite die Dachdecker ans Werk.

Die Architektin kündigt an: „Diese Arbeiten sollen bis zum Herbst 2022 fertiggestellt sein.“ Sind dann auch die im Zusammenhang mit der Dachsanierung notwendigen und umfangreichen Putz- und Malerarbeiten im Innenraum abgeschlossen, kann das Innengerüst abgebaut und die Kirche wieder komplett genutzt werden. Vielleicht kann die Gemeinde bereits das Erntedankfest wieder in der Stadtkirche feiern.

 

 

Becker-von Wolff

Info: Die Stadtkirche Herborn

 

Die Evangelische Stadtkirche in Herborn thront fast auf einer Höhe mit dem Herborner Schloss auf dem Kirchberg. Das weiße Gebäude ist weit über den Dächern der historischen Altstadt sichtbar. In der Evangelischen Stadtkirche von Herborn spiegeln sich mehr als 750 Jahre Stadt- und Kirchengeschichte wider. Die Kirche in Herborn wird in einer Urkunde von 1219 erwähnt, in der ein Priester genannt wird.

Die Pfarrkirche ist sicher älter und war ursprünglich dem Hl. Petrus geweiht, der noch im Pfarrsiegel aus der Zeit um 1300 erscheint. Erst im 14. Jahrhundert hat Maria, die Schutzheilige des Deutschen Ordens, St. Peter als Kirchenpatron in Herborn abgelöst. Als die Kirche 1231 dem Deutschen Orden übertragen wurde, gab es wohl eine Ortschaft Herborn, aber noch keine Stadt. Stadtrechte erlangte Herborn erst 20 Jahre später.

Als Graf Wilhelm der Reiche von Nassau-Dillenburg sich 1529/30 der Reformation zuwandte, wurde die Kirche evangelisch. Der Graf betrieb nach dem Augsburger Religionsfrieden 1555 umso entschiedener die Durchsetzung der Reformation. Seine Witwe, Juliane von Stolberg, und seine Söhne Prinz Wilhelm von Oranien, Graf Johann VI. und Graf Ludwig wandten sich schließlich dem reformierten Bekenntnis zu, das in Nassau-Dillenburg zu Ostern 1578 verbindlich eingeführt wurde.

Der Höhepunkt dieser Entwicklung war die Gründung der "Hohen Schule" 1584 mit dem Theologen Caspar Olevian als Rektor. Jetzt standen Predigt und Abendmahl im Mittelpunkt des Gottesdienstes. Ursprünglich war das Gotteshaus eine romanische Basilika mit einem Mittelschiff und zwei niedrigeren Seitenschiffen, einem Westturm und zwei Osttürmen, zwischen denen eine halbrunde Apsis das Mittelschiff der Basilika abschloss.

Die beiden Osttürme sind, bis unter das Dach reichend, von innen deutlich erkennbar. Um 1350 erfuhr die Kirche eine erste Erweiterung. Die Apsis wurde abgebrochen und durch einen geräumigen gotischen Chor ersetzt. Ein mächtiger gotischer Triumphbogen zwischen den ersten beiden Türmen schließt das Mittelschiff nach Osten ab. Im Inneren zeichnet sich die Kirche im Chor durch ein aufwendiges spätgotisches Netzgewölbe (um 1490) mit Blumenornamenten und den schönen Renaissance-Emporen im Hauptschiff aus.

Die Reste des romanischen Westturms sind noch an der Nordseite des Glockenturms zu sehen. Vier mächtige Säulen im Stile der Renaissance bestimmen das Bild im Kirchenschiff noch heute. Der Chor diente 1513 als Grabgelege des nassauischen Grafenhauses. Mit der Gründung der "Hohen Schule" fand die nun größere Gemeinde mit den Professoren und den Studenten in der alten Kirche keinen Platz. Zudem verlangte die 1586 eingeführte Middelburger Kirchenordnung Platz für Presbyterien, Konvente und Synoden: Die Kirche musste umgebaut werden.

Die romanischen Türme und der gotische Chor blieben bestehen, das Kirchenschiff wurde abgebrochen und in der Zeit von 1599 bis 1609 durch einen großen Predigtraum mit zwei Emporen auf jeder Seite ersetzt. Für die "Hohe Schule" entstand an der Südseite ein dreigeschossiger Anbau.

Das Dachgeschoss wurde ausgebaut für weitere Seminarräume, eine Bibliothek und das Pädagogium. Die Evangelische Stadtkirche überstand den Dreißigjährigen Krieg, den Stadtbrand von 1626, den Siebenjährigen Krieg und schließlich die Koalitionskriege mit den Truppen der französischen Revolution.

Die Südfassade der Stadtkirche wurde 1811 in früher neugotischer Fassung wieder hergestellt, während die Nordseite die ältere Außenfront des Hauptschiffes (um 1200 und 1600) und den gotischen Chor zur Geltung bringt.

Die "Hohe Schule" wurde 1817 nach dem "Wiener Kongress" und mit der politischen Neuordnung von der Regierung in Wiesbaden aufgelöst. Damit veränderte auch die Kirche ihr Gesicht: 1822 wurden die beiden Osttürme, die das Dach überragt hatten, abgebrochen und der dreigeschossige Südbau wurde zerstört. Der einst so mächtige Westturm erhielt den gestutzten Helm, den er heute noch zeigt. Damit machte die Kirche einen schlichteren Eindruck.

Bei einer Renovierung 1909 fanden sich an der Nordwand Reste eines riesigen Christophorus und einige Fresken aus dem 14. Jahrhundert. Sie wurden wieder hergestellt. Die Wiederherstellung der drei Kirchtürme scheiterte am Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg, im Jahr 1955, konnte der etwas eintönige Innenanstrich der reformierten Kirche durch eine etwas farbigere Ausgestaltung ersetzt werden.

Ende 1990 wurde die vom Chor aus zu erreichende kleine Gruftkapelle der Fürstin Isabella Charlotte von Nassau-Dillenburg wieder in ihren ursprünglichen Zustand versetzt. Seit 2001 besitzt die Kirche außen einen neuen Verputz.

 

 

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„Kirchensanierung“

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