Ev. Dekanat an der Dill

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Gemeindeleben

Hauptmenü statt nur Kompott

Becker-von Wolff

Wie lässt sich Glaube und Kirche in einer säkularen und postmodernen Welt Menschen neu vermitteln, das ist die Frage, die Pfarrer Alexander Garth in 35 Dienstjahren stets bewegt hat. Dekan Roland Jaeckle begrüßte ihn beim Dekanatskonvent in Ewersbach, hier stellte er seine Impulse vor.

Sonneberg - Jena - Berlin - Wittenberg - Berlin: Alles Stationen, an denen Pfarrer Alexander Garth (Jahrgang 1958) als Pfarrer und Gemeindegründer der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland gewirkt hat.

Aufgewachsen in der kirchenfeindlichen Diktatur der DDR reizt es ihn die gute Botschaft von Jesus Christus zu den Menschen zu tragen. In einer Plattenbau-Siedlung abseite des Kirchturms seiner Gemeinde in Sonneberg war es ihm ein besonderes Anliegen. Hier ist es ihm gelungen, Menschen einzuladen und am Ort eine Gemeinde neu zu gründen.

Später war er als Gemeindepfarrer knapp sieben Jahre in der Lutherstadt Wittenberg an der Stadtkirche St. Marien tätig, der Kirche, wo Martin Luther vor 500 Jahren gepredigt hat. Tradition und Moderne - für Garth ist das kein Widerspruch. Fasziniert vom Luther-Zitat "Der Geist ist um das Wort herum" hat er auch in Wittenberg viele junge Menschen und Familien ansprechen können. "Mir war es in der Gemeinde wichtig, keinen zu verlieren, so gibt es tradionelle Gottesdienste am Sonntagvormittag, einen Gottesdienst mit Kaffee und Kuchen für Familien am Sonntagnachmittag und einen besonderen Gottesdienst mit Musik am Abend". 

Leben auf einer säkularen Insel im religiösen Meer

Der Pfarrer, Theologe und Projekt-Coach hat in den zurückliegenden Jahren viele Kirchen und Projekte auf fünf Kontinenten kennengelernt und näher studiert. "Wir in Europa sind sowas wie die säkulare Insel im religiösen Meer. Wir haben weltweit einen unglaublichen Aufschwung des christlichen Glaubens, eine weltweite Dynamik und einen enormen Zuwachs in den christlichen Gemeinden - nur in Europa wirkt das Christum so müde, alternd und schwach", sagt Garth. Warum haben christliche Gemeinden im Ausland regen Zulauf, während in Deutschland viele Menschen die Institution Kirche verlassen? "Die Religionssoziologie hat mir geholfen, globale religiöse Entwicklungen zu verstehen und der deutschen Realität gegenüber zustellen", sagt er in Ewersbach.

Ererbtes Kirchenmodell ist Hindernis

Kritisch blickt Alexander Garth auf das ererbte Kirchenmodell in Europa, die typisch deutsche Theologie und das zugrunde liegende liberale  Denkraster. "Viele Predigten hierzulande sprechen vom Glauben als sei es eine 2000jährige Konserve", sagt Garth, "Jesus oder der Heilige Geist kommen darin oft nur als Kompott vor, anderenorts ist es das Hauptmenü". Es sei wichtig, verständlich und auf das Leben der Menschen bezogen zu predigen und vom Glauben zu reden in der Gewissheit der Gegenwart Gottes. Die Kirche habe einen reichen Schatz an Spiritualität, manches liege einfach brach.

Für Alexander Garth funktioniert das staatskirchliche Erbe nicht mehr: Die Menschen möchten die Religion nicht übernehmen sondern selbst frei wählen. Individualität und Hingabe von Zeit und Geld sei der Schlüssel, dann blühen die Gemeinden auf. Die Institution Kirche mit ihren gleichlautenden Vorgaben an die Ortsgemeinden ist darauf nicht genügend ausgerichtet. "Das hat die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland erkannt und mit den sogenannten 'Erprobungsräumen' individuelle Prozesse für Gemeindeneugründungen zugelassen", sagt Garth lobend.  

Auch die Kirchensteuer sieht der Pfarrer kritisch: "Viele Menschen wollen selbst bestimmen, für was sie wieviel spenden wollen, daher rate ich zu Fundraising-Projekten in den Gemeinden", so Alexander Garth. Das widerum könne den Gemeinden vor Ort helfen, mehr anzubieten als eine Pflichtversorgung. Mancherorts wird so ein zusätzlicher Gemeindepädagoge für die Jugendarbeit oder ein Kirchenmusiker für die Gospelkirche finanziert.  

Krise birgt Chance der Neuformatierung

Die Krise der Kirche sieht Alexander Garth als eine "enorme, aber auch eine von Gott eröffnete Chance" einer radikalen Neuformatierung der Kirche, ihrer Mission, ihres Selbstverständnisses und ihrer Theologie. Er sieht in der zu Ende gehenden Volkskirche die einzigartige Möglichkeit, zur vorkonstantinischen Urkirche zurückzukehren.

Der evangelische Pfarrer geht davon aus, dass der christliche Glaube seine beste Zeit in Deutschland noch vor sich hat. "Wenn die Kirche in die Gesellschaft wirkt und mit neuen Instrumenten auch zuvor Kirchenferne, allen voran junge Menschen für das Christentum begeistert, dann werden zukünftige Generationen für einen positiven Wandel in der Kirche sorgen", so Garth.

Pfarrer Alexander Garth ist seit März 2023 als Beauftragter für Theologie, Evangelisation und Gemeindeentwicklung in Teilzeit bei der Evangelischen Allianz Deutschland tätig. Deutschland brauche eine Christenheit, „die in Liebe und Vollmacht missionarisch aufbricht zu den Menschen in einer säkularer werdenden Umwelt“, heißt es dort auf der Homepage.

Zur Person

Alexander Garth stammt aus Sachsen und lebt aktuell in Berlin. Er studierte in Leipzig Theologie und arbeitete anschließend als Dorfpfarrer. Während seiner Zeit als Pfarrer der Stadtkirche in Sonneberg von 1990 bis 1999 baute Garth eine Tochtergemeinde in einer Plattenbausiedlung auf.

1999 gründete er die Junge Kirche Berlin und arbeitete zeitgleich als Bereichsleiter in der Berliner Stadtmission. Seit 2016 war Garth Pfarrer an der Stadtkirche St. Marien in Wittenberg, der Predigtkirche Martin Luthers. Er ist auch Buchautor. Zuletzt erschien von ihm „Untergehen oder umkehren. Warum der christliche Glaube seine beste Zeit noch vor sich hat“.


» Mehr zum Buch:
https://www.eva-leipzig.de/product_info.php?info=p5142_Untergehen-oder-Umkehren.html

 

» Den Vortrag hören:
https://ev-dill.de/fileadmin/content/dill/Bilder/14_Audio/Vortrag-Garth-2303-Aufbruch.mp3

 

 

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