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Wandern als Trendsport

Wandern liegt bei jungen Erwachsenen im Trend

privatJudith und ihr Mann haben das Wandern früh für sich entdeckt.

Wandern galt lange Zeit als spießig. Nicht erst seit Corona finden zunehmend auch junge Menschen Gefallen daran. Das ist auch eine Chance für die Gemeindearbeit.

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privatDie 9-jährige Elsa aus Kriftel geht gerne wandern. Am liebsten mit einer kleinen Kletter-Einheit zwischendurch.

Einmal sind sie plötzlich auf einer Kuhweide gelandet. Das war witzig. Die Tiere sind Elsa, ihren Geschwistern und ihren Eltern noch eine Weile hinterher getrottet, wie das Mädchen lachend erzählt. Elsa kommt aus Kriftel in der Nähe von Frankfurt am Main, ist neun Jahre alt – und geht gerne wandern.

 

Wander-Community wird immer jünger

 

So geht es vielen jungen Menschen, wie Jens Kuhr vom Deutschen Wanderverband mit Sitz in Kassel weiß. 70 Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung gehen zumindest gelegentlich auf Tour. Das Durchschnittsalter des zeitgenössischen Wanderers liege zwar bei 47 Jahren, doch die Community wird jünger, wie der Experte beobachtet. Laut einer Umfrage schätzen die meisten Menschen beim Wandern die Natur und frische Luft sowie die Bewegung und Ruhe. Viele fühlen sich nachher körperlich und geistig fitter.

Elsa mag es, viele Pflanzen zu sehen und ab und zu auch mal ein bisschen zu klettern, wie sie erzählt. In ihrer Klasse sei sie nicht die einzige mit dem Hobby. Einmal war sie sogar zusammen mit Schulkameradinnen wandern, sagt die Drittklässlerin.

Die Begeisterung der jungen Menschen fürs Wandern habe vor allem mit dem Imagewechsel zu tun, sagt Kuhr: »Wandern gilt als hip und nicht mehr so verstaubt wie noch vor einigen Jahren.« Die Corona-Krise habe den Trend noch einmal befeuert, erzählt der Verbandssprecher.

 

Sportlich unterwegs

 

Stephan Weber hat schon lange vor Corona das Wandern für sich entdeckt. Der 29-jährige Vertriebsingenieur kommt gebürtig aus Bad Honnef in der Nähe von Bonn. Dort hat er gemeinsam mit ein paar Kumpels an der Volkswanderung »Sieben auf einen Streich« im Siebengebirge teilgenommen. Seither zieht der Essener jedes Jahr mit Freunden oder seiner Partnerin durchs Land.

Bei ihm hat die Leidenschaft vor allem sportliche Gründe. »Wir gehen zügig und nur mit leichtem Gepäck«, berichtet der trainierte Rheinländer. »Wir tragen auch ganz normale Sportkleidung. Ich bin jetzt kein klassischer Wanderer mit Bermudas und Hut«, stellt er lachend klar. Das Wandern sei ein perfekter Ausgleich für seinen stressigen Job. Ständig sitzt er im Auto, hetzt von Meeting zu Meeting.

 

Wanderlust auf Instagram

 

Der Wander-Tourismus reagiert auf den Trend. Das Internet bietet unzählige Bergwanderungen und Alpenüberquerungen für junges Publikum an. Berufseinsteiger gründen auf Facebook »After-work-Wander-Gruppen«. Auf Instagram posten junge Wanderfans unter Hashtags wie »wanderlust« oder »wandernmachtglücklich« Tausende Beiträge.

 

Trendige Übernachtungsmöglichkeiten

 

Im Schwarzwald und in der Pfalz gibt es Trekkingplätze, die Jugendliche besonders reizten, wie Kuhr vom Wanderverband erzählt. Die Plätze sind eine Mischung aus Wildcampen und Campingplatz. Zur spartanischen Ausstattungen gehören meist Sitzmöglichkeiten, ein Brennholzlager und eine Toilette im Freien. Auch andere alternative Übernachtungsunterkünften wie »Tiny Houses«, Baumhausunterkünfte oder »Bubble Hotels« – das sind Hotelzimmer in Form einer durchsichtige Blasen – sind laut einer Untersuchung der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften bei jüngeren Wanderern beliebt.

»Gerade junge Menschen wollen eine Region auf eigene Faust entdecken«, berichtet Kuhr vom Wanderverband weiter. Viele interessierten sich sogar wieder für Karten, um ihre Touren planen zu können. Apps mit digitalen Wanderouten wie »komoot« scheinen schon wieder zu populär für die junge Generation zu sein.

 

Vom Hügel bis zum Gipfelkreuz – sportliche Leistung entspannt steigern

 

Als Judith mit dem Wandern angefangen hat, gab es diese digitalen Möglichkeiten ohnehin noch nicht. Mit 17 Jahren wagte die heute 30-Jährige ihre erste Wanderung mit ihrem Mann. Die Tour ging durch die bayrischen Berge. »Da waren ein paar kleine Hügel dabei, hoch sind wir mit der Seilbahn gefahren«, erzählt die bewegungsfreudige Frau aus Stuttgart. Von da an wanderte das junge Paar zwei bis drei größere Touren im Jahr. Sie steigerten sich von mal zu mal, wie die gebürtige Rheinländern stolz berichtet. Irgendwann schafften es die beiden auch auf Gipfelkreuze mit bis zu 2000 Metern Höhe – ohne Seilbahn.

 

Wechsel von meditativen und anstrengenden Etappen

 

Heute, mit zwei kleinen Kindern, geht das nicht mehr, wie Judith etwas traurig erzählt. Aus den 20-Kilometern-Runden sind eher längere Spaziergänge geworden, sagt sie und lacht. Damals hätten ihr Mann und sie bei den Wanderungen oft Stunden kein Wort miteinander gewechselt. Das habe gut getan. Jeder konnte den Kopf frei kriegen. Das Gehen habe etwas Meditatives gehabt, erinnert sich die junge Frau. Hinzu kam das Erfolgserlebnis: »Auf dem Weg hoch war ich oft kurz davor aufzuhören. Das war scheiße anstrengend. Aber wenn man dann oben war, das war so ein extremer Erfolg.«

 

Spirituelle Wanderungen mit einem Theologen

 

Um Erfolg geht es bei den Touren von Georg Magirius weniger. Der Theologe bietet spirituelle Wanderungen unter anderem im Odenwald, dem Taunus und Schwarzwald an. Die Touren dauern meist ein paar Stunden, als kleinen geistlichen Impuls stellt er häufig einen Bibelvers vor. Auch er beobachtet, dass sich immer mehr junge Menschen fürs Wandern interessieren.

»Bei mir laufen oft suchende und fragende Menschen mit. Und das sind Jugendliche ja in besonderem Maße«, sagt der freie Autor aus Frankfurt. Sie erlebten oft Umbrüche im Leben. Beim Wandern seien die Menschen mit sich und ihren Sehnsüchten konfrontiert. Durch die Landschaft bekommen viele einen neuen Zugang zu den »großen Fragen des Lebens«, ist der Theologe überzeugt. Für Stille und Innehalten bliebe in dem hektischen Großstadt-Leben kaum Zeit.

 

Mit wanderbegeisterten Konfis unterwegs

 

Für Jugendliche sei so eine Wanderung zudem viel ungezwungener als etwa ein Seelsorge-Gespräch in der Kirche, meint Magirius. Vor einigen Jahren hatte er einmal eine Wanderung für Konfirmanden angeboten. »Die waren total begeistert und haben sich auf die geistlichen Impulse eingelassen. Das hat mich überrascht«, erinnert sich der Wanderführer zurück.

Wegen der Corona-Krise finden die Touren derzeit nicht statt. Zumindest nicht analog. Am 8. August bietet Magirius einen Spirituellen Spaziergang unter dem Motto „Verborgene Schätze im Frankfurter Stadtwald. Zwischen Goethebuche und Hinkelstein“ an. Mitlaufen dürfen maximal zehn Personen - damit sich die Abstandregel gut erfüllen lässt.

 

Wander-Urlaub in die Region verlegen

 

Stephan hat seine Wander-Urlaube für dieses Jahr bereits storniert. »Wird wohl eher regional«, erzählt er. Vielleicht das Ruhrgebiet erkunden. Da gebe es noch einiges zu entdecken. Elsa hofft, dass sie mit ihrer Familie in den Herbstferien wie geplant nach Südtirol auf einen Bauernhof fahren können. Natürlich mit täglichen Wander-Touren. Ihr liebstes Wander-Land ist eigentlich Österreich: »Da kann ich oben in der Hütte leckeren Kaiserschmarrn essen.«

Von Carina Dobra

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