Ev. Dekanat an der Dill

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Rückblick

Dankbar für die Mitarbeitenden

Becker-von Wolff

Was für ein Jahr: 2020 liegt hinter uns. Corona hat unseren Alltag verändert. Wie hat Dekan Roland Jaeckle das Jahr erlebt? Was waren für ihn die größten Herausforderungen? - Zehn Fragen stellte Nina Paeschke an den Dekan des Evangelischen Dekanats an der Dill.

 

Inwieweit hat die Corona-Pandemie Ihrem beruflichen Alltag als Seelsorger neue Facetten verliehen? Sind andere Arbeitsbereiche plötzlich in den Mittelpunkt gerückt?

Ich muss gleich zu Beginn sagen, dass für mich dieses Jahr neben Corona durch eine eigene Krebserkrankung geprägt war. Fast zeitgleich mit dem ersten Lockdown wurde bei mir völlig überraschend ein Darmtumor entdeckt. Nach der Operation stellte sich heraus, dass noch eine Chemotherapie notwendig war, die in den anschließenden Monaten erfolgte. Inzwischen habe ich mich davon relativ gut erholt und habe vor vier Wochen wieder angefangen zu arbeiten.

Insofern habe ich die Auswirkungen von Corona auf meine berufliche Arbeit natürlich nur eingeschränkt wahrgenommen. Aber ich habe auch aus dem Krankenstand die Situation in den Kirchengemeinden und im Dekanat aufmerksam verfolgt. Da hat sich die Arbeit natürlich stark verändert. Unzählige Veranstaltungen und Projekte mussten abgesagt werden, die digitalen Angebote sind enorm ausgeweitet worden. Als Gottesdienste und Unterricht wieder möglich waren, mussten neue Konzepte erstellt werden. Und in den seelsorgerlichen Begegnungen müssen unbedingt die Hygieneschutz-Maßnahmen eingehalten werden.

Was war die größte Herausforderung für Sie in beruflicher Hinsicht?

Zu Anfang des Lockdowns, als ich noch im Dienst war, musste ich den Gemeinden mitteilen, dass sie keine Gottesdienste mehr feiern dürfen. Bei allem Verständnis für diese Maßnahme, war das doch ein großer Schmerz für uns. Doch auch seit Gottesdienste wieder erlaubt sind, finden diese unter ganz anderen Bedingungen statt als wir das gewohnt sind. Ähnliches betrifft auch viele andere Angebote und Veranstaltungen. In der Kirche hat die Gemeinschaft und das soziale Miteinander einen hohen Stellenwert, aber gerade das müssen wir in der Pandemie zurückfahren.

Und privat?

Nun, da war natürlich meine Krebserkrankung und gerade die Chemotherapie eine sehr belastende Zeit. Durch Corona waren zudem Besuche kaum möglich. Ich habe mich dennoch sehr getragen gefühlt durch die Unterstützung meiner Frau und meiner Kinder, aber auch durch eine große Anteilnahme sehr vieler Menschen aus der Region, die mir immer wieder Grüße haben zukommen lassen oder für mich gebetet haben. Das habe ich als sehr stärkend erlebt.

Hat die Pandemie die Trauerbegleitung und Beerdigungen erschwert? Wenn ja, inwiefern? Gab es Telefongespräche mit Angehörigen von Verstorbenen als Basis für eine Traueransprache?

Ja, dieser Bereich war massiv betroffen. Teilweise konnten Beerdigungen nur mit sehr wenigen Trauernden durchgeführt werden. Das war für die Angehörigen oft sehr schmerzlich. Die Ab-standsregeln erschwerten es, den Trauernden Trost spürbar werden zu lassen. Ein anschließendes Kaffeetrinken war natürlich auch nicht möglich.

Das hat unsere Trauerkultur, die sich in den letzten Jahren ja ohnehin stark gewandelt hat, noch weiter verändert. Die Trauergespräche wurden oftmals nicht wie gewohnt im Hause der Verstorbenen geführt, sondern entweder telefonisch oder in einem Gemeindehaus, in dem die Abstandsregeln eingehalten werden konnten. Anschließende Trauerbesuche nach der Bestattung sind auch nicht mehr so einfach möglich gewesen wie in früheren Zeiten.

Inwieweit waren Besuche bei alten oder kranken Menschen zuhause oder im Krankenhaus während der Pandemie möglich?

Das war sehr schwierig. Durch unsere Klinikseelsorge in Dillenburg beispielsweise können etwa seit Mai wieder Besuche im Krankenhaus durchgeführt werden. Aber für die Gemeindepfarrerinnen und Gemeindepfarrer ist es praktisch kaum noch möglich in die Krankenhäuser hineinzukommen.

Hausbesuche waren prinzipiell möglich, aber oft aus Sorge um Ansteckung dann doch nicht gewünscht. Aber es hat sie gegeben - selbstverständlich unter Beachtung der Hygieneregeln. Andere seelsorgerliche Angebote wurden verstärkt, zum Beispiel ein Seelsorgetelefon hier im Dekanat.

Weihnachten ist das Fest der Hoffnung. Was werden/würden Sie den Menschen in der Weih-nachtspredigt 2020 mit auf den Weg geben?

Dass Gott gerade in diesen schweren Zeiten der Pandemie mit uns geht. Wir Menschen müssen jetzt Abstand halten und insbesondere für Alleinstehende kann das sehr schwer sein an den Feiertagen.

Aber Gott geht nicht auf Distanz zu uns. Er ist sogar Mensch geworden wie wir. Ich bin überzeugt, dass wir seine Nähe gerade auch jetzt an Weihnachten spüren können. Und davon geht unendlich viel Trost und Zuversicht aus. Das kann uns dann auch motivieren uns den Menschen zuzuwenden, denen wir jetzt durch einen Anruf, eine Nachricht, eine Karte im Briefkasten deutlich machen, dass sie nicht vergessen sind. Und das motiviert uns zum Beten für die Kranken auf den Intensivstationen, für das Klinikpersonal, die Pflegekräfte in den Altenheimen.

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Trotz Corona geht Gott nicht auf Distanz zu uns.
Davon geht Trost aus.

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Was empfinden Sie bei dem Gedanken, dass bei den wenigen Präsenzgottesdiensten an Weih-nachten nur wenige Menschen mit großem Abstand in den Kirchen sitzen werden?

Da habe ich ganz ambivalente Gefühle. Erst einmal bin ich dankbar, dass unsere Kirchengemeinden an vielen Orten Gottesdienste anbieten dürfen und dies in großer Verantwortlichkeit im Hinblick auf die notwendigen Hygienemaßnahmen tun. Ich habe aber in der aktuellen Situation auch Respekt vor den Kirchengemeinden, die den Mut haben auf Präsenzgottesdienste zu verzichten, weil die örtlichen Bedingungen dafür zu riskant sind. Und ich ermutige sehr dazu, die digitalen Gottesdienstangebote wahrzunehmen.

Viele Gemeinden haben sich hier auf den Weg gemacht und in kreativer Weise Gottesdienste vorbereitet, die zuhause in sicherer Umgebung mitgefeiert werden können. Hier dürfen wir dann auch gefahrlos die schönen Weihnachtslieder mitsingen. Und dann hoffen wir natürlich alle, dass wir nächstes Jahr wieder in vollen Kirchen unsere Weihnachtsgottesdienste feiern können.

Ein Weihnachtsgottesdienst ohne das von der ganzen Gemeinde gesungene „Stille Nacht“ – was löst das in Ihnen aus?

Also das Lied „Stille Nacht“ bedeutet mir persönlich jetzt nicht so viel, da gibt es andere Weih-nachtslieder, die mich tiefer berühren, zum Beispiel das „O du Fröhliche“ am Ende des Gottesdienstes. Aber ja, natürlich: Weihnachtsgottesdienste ohne gemeinsames Singen sind eigentlich undenkbar.

Aber auch das begleitet uns jetzt schon das ganze Jahr und ist eine ganz gravierende (wenn auch notwendige) Einschränkung für unsere Gottesdienste, dass wir nicht singen dürfen. Das Singen ist ja nicht nur für die Gemeinschaft wichtig, sondern hilft uns unsere Emotionen auszudrücken und tut unserer Seele einfach gut. Das müssen wir jetzt aushalten und darauf hoffen, dass die Zeit kommt, in der wir das wieder nachholen werden.

Wie verbringen Sie die Feiertage? Anders als sonst?

Die Familienfeier mit allen Kindern und Enkeln zusammen kann dieses Jahr nicht stattfinden. An den einzelnen Feiertagen ist immer nur eine Familie zu Besuch. Wir haben uns auch entschieden, dass wir vorher noch einen Corona-Schnelltest machen um ein potentielles Ansteckungsrisiko zu minimieren. Und im Haus bei uns haben wir zudem klare Hygieneregeln festgelegt.

Nehmen Sie auch positive Erkenntnisse aus diesem schwierigen Jahr mit in die Zukunft?

Ich habe erlebt, dass ich trotz einer lebensbedrohlichen Diagnose, Hilfe und Genesung erfahren habe. Das macht mir Mut auch in den anderen schwierigen Situationen zuversichtlich und hoffnungsvoll zu sein. Dabei hilft mir ganz wesentlich mein Glaube. Und die Unterstützung und gerade auch die Gebete für mich in dieser Krankheitszeit waren eine solche Stärkung, dass ich nur Mut machen kann, dass wir das auch in dieser gegenwärtigen Pandemie noch viel mehr füreinander praktizieren.

Außerdem: Ich bin sehr froh und dankbar für unsere Kirchengemeinden und Mitarbeitenden, wie sie dieses schwere Jahr bewältigt haben und mit viel Kreativität und Engagement neue Wege gegangen sind, sei es in der enormen Ausweitung der digitalen Projekte, in der Nachbarschaftshilfe oder bei seelsorgerlichen Angeboten. Hier könnte man noch vieles erzählen.

Noch ein letztes: Ich habe unsere Heimatregion in diesem Jahr viel besser kennengelernt, durch Wanderungen und Fahrradtouren, wann immer ich es konnte. Und da haben wir mit unserer Landschaft hier in der Region wirklich einen ganz großen Schatz!

Die Fragen stellte Nina Paeschke vom Herborner Tageblatt / Dill-Zeitung.

 

Zur Person Roland Jaeckle

Dekan und Pfarrer Roland Jaeckle ist 59 Jahre, er wohnt in Herborn, ist verheiratet, hat drei erwachsene Kinder und drei Enkelkinder. Er ist geboren in Frankfurt am Main. Seit 1989 ist er Pfarrer und seit 1993 in der Dill-Region, zunächst als Gemeindepfarrer in Sechshelden und Manderbach. Im Jahr 2000 wurde er zum Dekan des Evangelischen Dekanats Dillenburg gewählt und nach der Fusion mit dem Evangelischen Dekanat Herborn ist Roland Jaeckle seit 2016 der erste Dekan im Dekanat an der Dill mit Sitz in Herborn.

 

 

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